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Die HühnerzuchtVom Dinosaurier zum Huhn

Kaum zu glauben, dass aus den erdgebundenen Kriechtieren im Laufe der Evolution die grazilen und edlen Haushühner geworden sind, wie wir sie heute kennen. Es wäre auch wohl kaum jemand auf die Idee gekommen, die tonnenschweren Vorfahren unserer Hühner zu züchten, hätte nicht die Natur in Sachen Grazie und Anmut in der Evolutionsgeschichte des Huhns ein wenig nachgeholfen.

Inhaltsverzeichnis

Heute ist es der Sinn für das Ästhetische und Schöne, die Erhaltung des Natur- und Kulturguts, der die Hühnerzucht vorantreibt, kaum noch die bloßen Erwägungen von Nützlichkeit – zumindest in der Hobbyhühnerhaltung!

Hühnerzucht mit einem Zuchtstamm

Hühnerzucht wird noch heute nach dem Motto von Robert Oettel, dem Begründer des ersten europäischen Geflügelzuchtvereins, betrieben: „Züchte wahr – sei wahrhaftig – züchte echt!“

Das Rohmaterial für die Zucht

Das „Rohmaterial“ für die Form- und Farbgebung unserer heutigen Hühner bildet das Bankiva Huhn. Jenes Wildhuhn, das sich über weite Teile des Asiatischen Kontinents erstreckte und schon vor vielen Jahrtausenden gezähmt wurde. Es wäre vermessen zu behaupten, dass ausschließlich das Blut des Bankiva Huhns in den Adern unserer Hühner fließt. Sicherlich waren, und so die Überzeugung zahlreicher Wissenschaftler, noch weitere Wildhühner beteiligt, die sich mit ihm kreuzten und neue Rassen entstehen ließen. Mutter Natur hat also ein wenig selbst Hand angelegt und der Erbmasse des Huhns ein großes Potenzial zu Form- und Farbveränderungen mitgegeben. Sehr zur Freude der Hühnerzüchter!

Unterschiede zum Wildhuhn

Vom Urgeflügel mit seinem großen Verbreitungsgebiet, aus dem letztendlich vielfältige Rassen entstanden, brachte der Lauf der Zeit und nicht zuletzt der Eingriff des Menschen zahlreiche Variationen in Form und Farbe hervor. Die heutigen Rassen unterscheiden sich vom Wildhuhn dabei nicht nur in Körpergröße und –proportion, sondern auch in Sachen Muskulatur, Skelett, Haut, Federn, Lebenszyklus und Verhalten. Durch Zähmung und menschliche Zuchtauswahl entstanden schwere, leichte und Zwerghuhnrassen, die sich immer weiter vom Stammhuhn entferten. Ein Blick auf die großen Malaien und die kleinen Bantamhühner verdeutlicht diese Entwicklung – beide haben die selben Vorfahren und sind doch so unterschiedlich. Die deutlichste Veränderung mit Blick auf das Wildhuhn ist dabei vor allem in der Gestalt zu erkennen. Nur noch die Kampfhuhntypen erinnern an das hochgestreckte Wildhuhn, meist sind unsere heutigen Kulturhühner von eiförmiger, kugeliger oder walzenförmiger Statur, die sich in drei Haupttypen einteilen lassen: Kampfhuhntypen, Landhuhntyp, Chinesentyp.

Zuchthahn der Zwergwyandotten
Zuchthenne der Zwergwyandotten

Auch der Stoffwechsel hat sich durch die selektive Züchtung deutlich geändert. So legt ein Wildhuhn lediglich während der Fortpflanzungsaktivität Eier, das Haushuhn hingegen das ganze Jahr über – hochgezüchtete Legehybriden bringen es dabei auf rund 300 Eier im Jahr. Dafür ist ihre Hirnleistung deutlich zurückgegangen, Instinkte, wie sie beim Wildhuhn vorkommen, sind teilweise gänzlich verkümmert. Auch die Verkrüppelung der Schwanzwirbel, die Vielzehig- und Vielsporigkeit sind durch die Zuchtselektion des Menschen entstanden. Einige Liebhaberzüchtungen gingen gar soweit, dass das Aussehen ihrer domestizierten Hühner so stark verändert wurde, dass dies aus tierschutzrechtlichen Gründen nicht zulässig waren. Etwa das gänzliche Fehlen von Schwanz und Schwanzwurzel.

Zuchtziel – rein und edel

Als im 19. Jahrhundert die Hühnerzucht einen Aufschwung erfuhr und die schweren Hühnerrassen der Asiaten und Rassezüchtungen anderer Länder nach Deutschland kamen, wurde die Zucht neuer Rassen angestrebt. Hierbei wurden die alten Landhuhnschläge jedoch vernachlässigt, neue Rassen und neue Farbschläge waren schließlich deutlich lukrativer, vor allem mit Blick auf die kommerzielle Hühnerzucht. Intensives Selektieren, die Unterdrückung natürlicher Instinkte und die Konzentration auf reine Masse machten aus den einst genetisch vielfältigen Rassen nahezu reine „Produktionsmaschinen“, die sich optimal an die wirtschaftlichen Ansprüche anpassen ließen. Die Gefahr des Aussterbens alter, seltener Rassen wurde dabei nicht bedacht. Erst die Rassegeflügelzüchter erkannten die Wichtigkeit der Genreserve um die charakteristischen Eigenschaften der alten Rassen und machten es sich zur Aufgabe, nicht die Neuzüchtungen von Hühnerrassen, sondern die Erhaltung seltener Rassen anzustreben – eben nach dem Vorbild Robert Oettels wahr und echt zu züchten!